Damenwahl! 100 Jahre Frauenwahlrecht
30. Januar 2019
Die bundesweit einzigartige Sonderausstellung mit dem Titel "Damenwahl" zum Thema "100 Jahre Frauenwahlrecht" war im Historischen Museum Frankfurt zu sehen. Das Begleitbuch zur Ausstellung spiegelt in Texten, Fotos und Illustrationen beeindruckend wider, mit welcher Entschlossenheit Frauen in Deutschland sich im Laufe von 100 Jahren immer wieder für ihre Rechte einsetzten und politische Mitsprache erstritten. Kurze Biografien führender Frauen der jeweiligen Zeitabschnitte dokumentieren die starken Frauenpersönlichkeiten.
Das Buch folgt der Chronologie der Ereignisse vom Aufbruch und dem Engagement der Frauen im Kaiserreich bis hin zum demokratischen Neubeginn nach 1945 mit der Schaffung des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland und der Verfassung der DDR.
Bereits in vielen Lebens- und Gesellschaftsbereichen des Deutschen Kaiserreichs lässt sich der Wandel der Geschlechterrollen und -bilder feststellen. 1865 wurde der Allgemeine deutsche Frauenverein (ADF) durch Louise Otto-Peters und Auguste Schmidt in Leipzig gegründet. 1894 folgte der Bund Deutscher Frauenvereine (BDF) unter der Ägide von Marie Stritt. Um 1900 kam es zu einem wahren Gründungsboom von Frauenvereinen. Das Wahlrecht rückte in der politischen Arbeit bis zum Ersten Weltkrieg immer mehr als zentrale Forderung in den Mittelpunkt.
Der Erste Weltkrieg spaltete die Frauenbewegung und zerstörte die auf vielen Ebenen aufgebauten nationalen und internationalen Netzwerke. Mit der kriegsbedingten Verelendung und Verarmung der Zivilbevölkerung nahmen die Reform- und Friedensforderungen wieder zu. Am demokratischen Start der Weimarer Republik waren Frauen und die Frauenbewegung stark beteiligt.
Mit der Wahl am 19. Januar 1919 zogen die ersten weiblichen Abgeordneten in die verfassungsgebende Weimarer Nationalversammlung ein. Im Vorfeld schulte und unterstützte die Frauenbewegung Kandidatinnen, organisierte Vorträge und erstellte Broschüren und Informationen. Auch Frauenlisten waren damals schon Thema mangels Aufstellung von Kandidatinnen auf guten Listenplätzen durch die Parteien. Nach der Wahl folgte die politische Arbeit an der Weimarer Verfassung mit dem Gleichberechtigungsparagrafen. Buch und Ausstellung zeichnen den Gesellschafts- und Geschlechterrollenwandel in den 1920er Jahren nach.
Die nationalsozialistische Diktatur zwischen 1933 und 1945 bedeutete das abrupte Ende der ersten deutschen Frauenbewegung. In der NS-Zeit war das passive Wahlrecht für Frauen faktisch abgeschafft, die Mehrzahl der Politikerinnen und Frauenrechtlerinnen wurde verfolgt, viele der durch die erste deutsche Frauenbewegung gegründeten Vereine und Verbände als "staatsfeindliche Institutionen" aufgelöst.
Die letzte Station der Rückschau dokumentiert den demokratischen Neubeginn nach 1945 mit der Festschreibung der zivilrechtlichen Gleichberechtigung von Frauen und Männern in den Verfassungen der beiden neuen deutschen Staaten.
Jan Gerchow (Hrsg.): Begleitbuch zur Ausstellung "Damenwahl! 100 Jahre Frauenwahlrecht", Schriften des Historischen Museums Frankfurt, Band 36, Societäts-Verlag, Frankfurt am Main 2018