Die Vermögen in Deutschland sind in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Trotzdem sind sie immer noch ungleich verteilt, insbesondere zwischen Ost- und Westdeutschland. Das Risiko, im Alter arm zu sein, hat überall leicht zugenommen. In Ostdeutschland ist fast jede vierte Person im Alter zwischen 60 und 79 Jahren von Armut bedroht. Menschen mit Einwanderungsgeschichte und die in Deutschland Schutzsuchenden spielen eine maßgebliche Rolle, wenn es darum geht, den Arbeitskräftemangel zu bekämpfen. Sie stellen mehr als ein Viertel der Erwerbspersonen. Und eine zweite Gruppe verdient mehr Aufmerksamkeit: Der Arbeitsmarkt könnte die Größenordnung von 645 000 Vollzeit-Arbeitskräften dazugewinnen, wenn Mütter in dem Umfang erwerbstätig sein könnten, in dem sie es sich wünschen. Das sind Ergebnisse aus dem Sozialbericht 2024, für den Fachleute aus amtlicher Statistik und Sozialforschung Befunde zu wichtigen Lebensbereichen zusammengestellt haben.
Oberste 10 % verfügen über 56 % des Gesamtvermögens
Trotz deutlich gestiegener Vermögen bleibt deren Verteilung weiterhin ungleich. 2021 verfügten die obersten 10 % der Haushalte über 56 % des Gesamtvermögens Deutschland zählt damit im europäischen Vergleich zu den Spitzenreitern in Sachen Ungleichheit. Eine wichtige Ursache dafür, dass Vermögensunterschiede über Generationen hinweg bestehen bleiben, sind Schenkungen und Erbschaften. Besonders Personen im mittleren Erwachsenenalter (25-54 Jahre) und vermögendere Bevölkerungsgruppen profitieren von solchen intergenerationalen Transfers.
Die durchschnittlichen Haushaltsnettovermögen in Deutschland sind laut der Längsschnittstudie „Private Haushalte und ihre Finanzen“ zwischen 2011 und 2021 real um 39 % gestiegen. Der Zuwachs an Vermögen ist primär auf die stark gestiegenen Immobilienpreise zurückzuführen. Das kommt vor allem der mittleren Gruppe in der Vermögenskurve zugute, für die Immobilien die wichtigste Anlage darstellen.
Kaum Angleichung zwischen Ost und West
Das Ost-West-Gefälle in der Vermögensverteilung ist und bleibt deutlich: Ostdeutsche Haushalte besitzen im Durchschnitt nur 150 900 Euro im Vergleich zu 359 800 Euro im Westen. In den letzten zehn Jahren hat sich diese Lücke kaum geschlossen.
Reallöhne gewachsen, Armutsrisiko bleibt hoch
Die durchschnittlichen Reallöhne sind seit 2014 gestiegen und haben nach einem Einbruch im Jahr 2022 in den letzten fünf Quartalen wieder zugenommen. Dazu beigetragen hat neben mehrfachen Anhebungen des Mindestlohns auch der Arbeitskräftemangel, der für steigende Löhne sorgte.
Die positive Einkommensentwicklung der letzten Jahre hat allerdings keine substanzielle Veränderung beim Armutsrisiko bewirkt. 2022 lebten laut den Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) etwa 15 % der Haushalte unterhalb der Armutsrisikoschwelle, die für einen Ein-Personen-Haushalt bei rund 1 200 Euro Haushaltsnettoeinkommen im Monat und für einen Zwei-Personen-Haushalt mit Kind bei 2 160 Euro lag. In Ostdeutschland lag das Armutsrisiko mit 19,4 % über dem Bundesdurchschnitt.
Risiko von Altersarmut leicht gestiegen
Das Risiko von Altersarmut hat leicht zugenommen. Bei der Altersgruppe der 60- bis 79-Jährigen zeigt sich im Vergleich zum Zeitraum von 2015 bis 2019 eine Zunahme des Armutsrisikos von 1 Prozentpunkt. Unter den 70- bis 79-Jährigen fällt der Zuwachs mit knapp 2 Prozentpunkten etwas stärker aus. Altersarmut ist das Ergebnis aus niedrigeren Alterseinkommen, die sich u.a. aus längeren Phasen von Arbeitslosigkeit in der Berufsbiografie ergeben – dies gilt vor allem für Ostdeutsche, bei denen in der Altersgruppe der 60- bis 69-Jährigen 24 % von Armut bedroht sind. In Gesamtdeutschland betrug das Armutsrisiko bei dieser Gruppe rund 17 %.
Zuwanderung kann dazu beitragen, Überalterung und Arbeitskräftemangel zu mildern
Menschen mit Einwanderungsgeschichte machen nach Angaben des Statistischen Bundesamtes (Destatis) 25 % der Bevölkerung aus. Sie sind im Durchschnitt 37,7 Jahre alt und damit wesentlich jünger als Menschen ohne Einwanderungsgeschichte (47,2 Jahre). Besonders jung sind mit durchschnittlich 24,2 Jahren Menschen mit nur einem eingewanderten Elternteil. Migration trägt dazu bei, den Arbeitskräftemangel abzufedern. 2023 hatten in Deutschland 26 % der am Arbeitsmarkt aktiven Personen zwischen 15 und 74 Jahren eine Einwanderungsgeschichte, in der Altersgruppe der 25- bis 29-Jährigen waren es sogar knapp 31 %.
Erwerbsquote bei Frauen mit Einwanderungsgeschichte niedriger
Die Erwerbsquote in Deutschland ist bei Personen zwischen 15 und 74 Jahren mit und ohne Einwanderungsgeschichte ähnlich: Sie liegt bei 70,7 % für Menschen ohne Einwanderungsgeschichte und bei 68,0 % für Eingewanderte und deren Nachkommen. Bei Menschen mit einseitiger Einwanderungsgeschichte, also einem zugewanderten Elternteil, lag der Wert mit 73,1 % sogar noch etwas höher. Unterschiede zeigen sich allerdings zwischen den Geschlechtern.
Bei Frauen mit Einwanderungsgeschichte ist die Erwerbsquote insgesamt niedriger. Besonders niedrig ist sie bei jenen Frauen, die nicht aus Ländern des Europäischen Wirtschaftsraums, der Schweiz oder aus angelsächsischen Ländern kommen: Von ihnen sind 54,7 % auf dem Arbeitsmarkt aktiv – fast 20 Prozentpunkte weniger als bei ihren männlichen Altersgenossen. Unabhängig von ihrem Herkunftsland zeigen zugewanderte Männer eine hohe Erwerbsbeteiligung, ähnlich jener von Männern ohne Einwanderungsgeschichte.
Immer mehr Schutzsuchende aus der Ukraine sind erwerbstätig
Bei ukrainischen Schutzsuchenden ist nach Angaben des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB) die Erwerbsbeteiligung stetig gestiegen: von 16 % im Sommer 2022 auf 30 % im Frühjahr 2024. Unter den Geflüchteten sind sehr viele Frauen mit Kindern im Alter von bis zu 6 Jahren. Sie sind am wenigsten in den Arbeitsmarkt integriert: Ihre Erwerbstätigenquote liegt aktuell bei 22 %. Sie brauchen Kita-Plätze, um Sprachkurse zu besuchen und um dann einer Erwerbsarbeit nachgehen zu können. Insgesamt sind für die ukrainischen Schutzsuchenden schnelle Verfahren zu ihrer Berufsanerkennung hilfreich.
Frauen wollen mehr arbeiten, Männer weniger – die Wirklichkeit sieht anders aus
Die idealen Arbeitszeiten von Müttern und Vätern variieren nach dem Alter der Kinder und weichen stark von der tatsächlichen Erwerbsbeteiligung ab. Der Unterschied zwischen Wunsch und Wirklichkeit ist bei Müttern laut einer Befragung des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB) besonders ausgeprägt: Während Mütter von 8-jährigen Kindern 30,2 Wochenstunden als ideal ansehen, arbeiten sie durchschnittlich nur 24,6 Stunden. Umgekehrt wünschen sich Väter mit einem zweijährigen Kind durchschnittlich 34 Stunden, arbeiten aber tatsächlich 39,3 Stunden.
Wenn Mütter in dem Umfang arbeiten könnten, den sie sich wünschen, stünden dem Arbeitsmarkt zusätzlich 645 000 Vollzeitäquivalente zur Verfügung. Eine stärkere Beteiligung der Väter bei der Familienarbeit und ganztägige Kita- und Schulbetreuung wären hilfreich; ebenso eine gezielte Unterstützung durch Vorgesetzte bei der Erhöhung der Arbeitszeit mit zunehmendem Alter der Kinder.
Weitere Informationen:
Der Sozialbericht 2024. Ein Datenreport für Deutschland (früher: Datenreport. Ein Sozialbericht für die Bundesrepublik Deutschland) wird herausgegeben vom Statistischen Bundesamt (Destatis), dem Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) und dem Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) in Zusammenarbeit mit dem Sozio-oekonomischen Panel (SOEP). Er erscheint alle zwei bis drei Jahre als Publikation der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb).
Den Sozialbericht finden Sie auch digital unter: www.sozialbericht.de
Quelle: Pressemitteilung des Statistischen Bundesamtes vom 6.11.2024