Die Bundesregierung beabsichtigt, Maßnahmen zur Verlängerung der Erwerbsarbeitszeit umzusetzen. Geplant sind die Abschaffung der täglichen zugunsten einer wöchentlichen Höchstarbeitszeit, steuerliche Entlastungen für Überstundenzuschläge und Anreize zur Erweiterung der Arbeitszeit von Teilzeitbeschäftigten. Zu der Frage, wie Erwerbstätige diese geplanten Maßnahmen bewerten, hat das IAB im Juli 2025 erste Ergebnisse veröffentlicht. Weitere Auswertungen nach Geschlecht und Elternschaft weisen darauf hin, dass die Reformvorhaben zwar in Teilen das Arbeitsangebot erhöhen, jedoch auch geschlechtsspezifische Unterschiede verstärken könnten.
Für die angestrebte Verlängerung der Erwerbsarbeitszeiten spielt eine wichtige Rolle, dass viele Beschäftigte zusätzlich zu ihrer Erwerbsarbeit täglich (unbezahlte) Haus- und Sorgearbeit leisten, wie eine Studie von Yvonne Lott aus dem Jahr 2024 zeigt. Dies betrifft insbesondere erwerbstätige Frauen, vor allem solche mit Kindern. Sie leisten im Durchschnitt acht Wochenstunden mehr unbezahlte Haus- und Sorgearbeit als erwerbstätige Männer, bei erwerbstätigen Eltern liegt der Abstand bei 15 Stunden. Bei erwerbstätigen Frauen und Männern ohne Kinder im Haushalt beträgt dieser Gender-Care-Gap fünf Stunden.
Darüber hinaus weist auch der Arbeitsmarkt als solcher geschlechtsspezifische Segmentierungen auf: Frauen arbeiten deutlich häufiger in Teilzeit, Männer wiederum überwiegend in Vollzeit. Während die steuerliche Entlastung für Überstundenzuschläge nur für Vollzeitbeschäftigte gelten soll und damit vorwiegend Männer anspricht, richten sich Maßnahmen zur Ausweitung der Erwerbsarbeitszeit von Teilzeitbeschäftigten überwiegend an Frauen. Diese reduzieren ihre Erwerbsarbeitszeit häufig mit der Familiengründung, da sie nach wie vor den Großteil der Haus- und Sorgearbeit leisten. Welche Rolle Geschlecht und Elternschaft bei der Bewertung der arbeitszeitpolitischen Koalitionsvorhaben durch die Beschäftigten spielen, ist daher von großer Bedeutung.
Wie Frauen und Männer – sowohl solche mit als auch solche ohne Kinder bis 14 Jahre im Haushalt – über die genannten Maßnahmen denken, wurde im Rahmen der IAB-Online-Personenbefragung „Arbeiten und Leben in Deutschland“ (IAB-OPAL) erhoben. Die Ergebnisse stellt das IAB nun vor.
In aller Kürze
- Der Koalitionsvertrag von Union und SPD sieht Maßnahmen zur Flexibilisierung und Anreize zur Erhöhung der individuellen Arbeitszeit vor.
- Aktuell arbeiten Frauen mit Kindern deutlich seltener mehr als zehn Stunden an einem Arbeitstag als Frauen ohne Kinder. Bei Männern, die durchschnittlich häufiger als Frauen mehr als zehn Stunden arbeiten, lässt sich hingegen kein Unterschied zwischen Kinderlosen und Vätern finden.
- Männer sind häufiger als Frauen bereit, an einzelnen Tagen mehr als zehn Stunden zu arbeiten – unabhängig davon, ob Kinder im Haushalt leben. Männer geben zudem häufiger als Frauen an, dass ihr Arbeitgeber Arbeitszeiten von mehr als zehn Stunden erwarten würde, sofern dies rechtlich zulässig wäre.
- 16 Prozent aller Männer haben die Möglichkeit, sich Überstundenzuschläge auszahlen zu lassen. Bei Frauen sind es nur 4 Prozent. Ein steuerfreier Überstundenzuschlag käme Männern somit potenziell viermal so häufig zugute wie Frauen.
Den gesamten Artikel finden Sie mit Grafiken und Tabellen auf der Website des IAB:
Weik, Jonas Aljoscha; Weber, Enzo; Wanger, Susanne; Lott, Yvonne (2025): Mehr Arbeit, weniger Gleichheit? Bei den geplanten Steuervergünstigungen stellen sich gleichstellungspolitische Fragen, In: IAB-Forum 24. Oktober 2025, https://iab-forum.de/mehr-arbeit-weniger-gleichheit-bei-den-geplanten-steuerverguenstigungen-stellen-sich-gleichstellungspolitische-fragen/, Abrufdatum: 27. October 2025



