Die Schatten des Ruhms
Was Frauen in den Medien erleben
Eine junge Frau postet ein Bild von sich im Internet, auf dem sie ihre neue Hose präsentiert. Ein vollkommen alltägliches, harmloses Foto. Dennoch fragt ein Nutzer im Kommentarbereich, was die anderen Nutzer „gern mal mit ihr machen“ würden, woraufhin viele ihren sexuellen Fantasien, die teilweise auch Gewalt beinhalten, freien Lauf lassen. Dieser Vorgang ist kein Einzelfall, was auch andere Frauen mitbekommen. Und das macht etwas mit ihnen.
Vor zwei Jahren veröffentlichte Jasmin Gnu, eine der bekanntesten Gamerinnen Deutschlands, ein Video, in dem sie unter anderem erklärt, dass sie aufgrund solcher Reaktionen im Netz damit begonnen habe, keine figurbetonte Kleidung mehr zu tragen. Denn jede Bewegung von ihr in einem Video werde „abfotografiert, als Bild hochgeladen und massiv sexualisiert“.
Doch auch das habe sie nicht geschützt, denn nun wurde ihr Gesicht ausgeschnitten und auf nackte Körper gesetzt. Ein Schicksal, das sie mit vielen weiteren Streamerinnen und Youtuberinnen – ganz gleich welchen Alters - teilt. Ähnliches passiere bei Face Swap Apps. Diese werden unter anderem genutzt, um Deepfake-Pornos mit beliebigen Gesichtern zu erstellen. Für Betroffene ist es nahezu unmöglich, diese Inhalte zuverlässig wieder aus dem Netz zu bekommen. Studien kommen zu dem Ergebnis, dass rund 90 bis 95% aller Deepfakes nicht-einvernehmliche Pornographie betreffen, etwa 90% davon sei gegen Frauen gerichtet, schreibt die Initiative Hate Aid auf ihrer Homepage. Sie hat deswegen sogar eine Petition dagegen gestartet.
Unter gewissen Nutzern werden diese Filmchen sogar zur Handelsware, für die sie Geld bekommen. Einige filmen sich wiederum dabei, wie sie sich angesichts dieser Videos oder auch nur Bilder von Frauen oder jungen Mädchen befriedigen. Für die Betroffenen ist dies verstörend, abstoßend und erniedrigend. Täter, die vielleicht glauben, es handele sich lediglich um eine Spielerei, irren sich gewaltig. Denn was sie tun, fällt unter den Aspekt „digitale Gewalt gegen Frauen“. Deepfakes können unter anderem gegen §187 Stgb Verleumdung verstoßen, so dass eine Haftstrafe von fünf Jahren fällig sein kann. Zudem verstoßen sie gegen Persönlichkeitsrechte.
„Dadurch, dass jedes Körperteil und jede Mimik sexualisiert werden könnte, fühlen ich und viele meiner Kolleginnen uns eingeschränkt. Das macht etwas mir dir“, erklärt Jasmin Gnu in ihrem Video. Viele Frauen ekle es so sehr, dass sie die Tatsache, dass solches Material von ihnen existiere, einfach ignorieren und darüber schweigen.
Eine Strategie, die wohl auch viele Frauen, die als Opfer in den sogenannten Weinstein-Skandal verwickelt waren, jahrzehntelang angewandt haben – bis die ersten von ihnen zu reden begannen. Aber: „Sexuelle Gewalt findet nicht nur in Hollywood statt, sondern auch im Hier und Jetzt“, sagte Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) 2024.
Die taz ließ im selben Jahr in einem Artikel zu diesem Thema mehrere Mitarbeiterinnen der Filmbranche zu Wort kommen, die von übergriffigem Verhalten und sexueller Belästigung berichteten. In diesem Artikel schildert unter anderem eine Berliner Schauspielerin: „Bei einem Hauptrollen-Casting für einen bekannten Streamer wurde ich von einer der ältesten Produktionsfirmen Deutschlands angewiesen, in möglichst engen Kleidern zu erscheinen und viel Haut zu zeigen.“ Beschwerde habe sie aber nicht einreichen wollen, denn: „Dann gilt man als schwierig und bekommt weniger Jobs. Damit hätte ich meine Karriere riskiert.“ Damit nannte sie ein branchenspezifisches Problem des Kunst-, Kultur- und Medienbereiches: Abhängigkeitsverhältnisse. Verschärft werden diese durch prekäre Arbeitsverhältnisse.
Doch die Branche hat mittlerweile erkannt, dass sich etwas ändern muss: Nach einem einjährigen Dialogprozesses, bei dem sich Branchenvertreter:innen mit der Frage beschäftigten, wie sexualisierter Gewalt und Diskriminierung im Kunst-, Kultur- und Medienbereich entgegengetreten werden kann, wurde 2024 ein Positionspapier des Deutschen Kulturrats mit dem Titel „Gemeinsame Verantwortung: Für sicheres und respektvolles Arbeiten in Kunst, Kultur und Medien“ übergeben. Wie weit die Forderungen umgesetzt werden könne, bleibt abzuwarten. Es brauche vor allem ein gesellschaftliches Umdenken. „Die Scham muss die Seite wechseln“, forderte Claudia Roth in dem Artikel der taz.
Quellen und Links
Jasmin Gnu auf Youtube: https://www.youtube.com/watch?v=Zib5U3ebUzw
https://hateaid.org/petition-deepfake-pornos/
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